Artikel Juli/August 2018 Zeitschrift Info3

Richtig trinken will gelernt sein

Richtig trinken will gelernt sein. © Photocase / Info3 Verlag 2018
Richtig trinken will gelernt sein. © Photocase / Info3 Verlag 2018

Wie viel soll man täglich trinken? Es kursieren verschiedenste Angaben von eineinhalb bis zwei Litern täglich oder noch mehr. Zu hohe Mengen sind übertrieben und verunsichern viele Menschen.

Wie viel soll man täglich trinken? Der Mensch kann auf Nahrung vier bis sechs Wochen verzichten, auf Flüssigkeit nur wenige Tage oder Stunden, je nach Hitze, Sonneneinstrahlung und körperlicher Aktivität. Aber bei allen lebensnotwendigen Funktionen hat sich der Organismus abgesichert, in diesem Fall durch den Durst. Ebenso wie Hunger signalisiert Durst ein Grundbedürfnis des Körpers, nämlich die Aufnahme von Flüssigkeit. Durst tritt auf, wenn der Wasseranteil des Körpers um 0,5 Prozent sinkt. Da der Körper des erwachsenen Menschen aus etwa 65 Prozent Wasser besteht, zeigt sich, wie bedeutend die ausreichende Flüssigkeitsaufnahme ist. Neben dem Durst ist auch ein trockener Mund ein Zeichen für notwendiges Trinken.

Dies führt zu der häufigen Frage: Wie viel soll man täglich trinken? Es kursieren verschiedenste Angaben von eineinhalb bis zwei Litern täglich oder noch mehr. Zu hohe Mengen sind übertrieben und verunsichern viele Menschen. Der tägliche Bedarf eines Erwachsenen liegt bei gut zwei Litern pro Tag, wobei meist mindestens ein halber bis dreiviertel Liter ohnehin durch Nahrung zugeführt wird. Wer viel Obst, Salat, Gemüse und Suppen isst, nimmt mehr Flüssigkeit durch die Nahrung auf als jemand, der Brotmahlzeiten bevorzugt.

Flüssigkeitsbedarf ist individuell

Die tägliche Trinkmenge ist daher individuell unterschiedlich. Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung lauten für Kinder von vier bis sechs Jahren 0,8 Liter, von zehn bis zwölf Jahren ein Liter und für Erwachsene eineinhalb Liter pro Tag. Solche Angaben sind Richtwerte, die durch die Lebensweise (Sport, Bewegung), feste Nahrung und Wetterverhältnisse verändert werden. Teilt man die Flüssigkeitsmenge auf drei Mahlzeiten, dann sind es etwa ein halber Liter pro Mahlzeit für Erwachsene. Dazu zählen alle Flüssigkeiten, also auch Kaffee und Tee.

Manche Experten meinen, dass man trinken sollte, bevor Durst auftritt. Dies ist meist nicht nötig. Es gibt aber Menschen, deren Durstgefühl nicht ausreichend funktioniert. Hier muss man anregen, regelmäßig zu trinken. Bei alten Menschen kann ein mangelndes Durstgefühl – auch durch Medikamente – häufiger auftreten, so dass sie zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen. Dies kann sich in Verwirrtheit äußern. Regelmäßiges Trinken verbessert dann eine scheinbare Demenz.

Auch zu viel zu trinken kann schaden

 Heute wird fast nur thematisiert, dass zu wenig getrunken wird. Man kann aber auch zu viel trinken. Jedes Trinken führt Flüssigkeit zu, die die Körpersäfte verändert. Da beispielsweise das Blut immer in bestimmter Konzentration bleiben muss, wird die aufgenommene Flüssigkeit rasch ins Gewebe oder die Niere zum Ausscheiden transportiert. Jedes Trinken erfordert also eine regulierende Aktivität des Organismus. Daher spielt auch die Regelmäßigkeit des Trinkens eine Rolle. Rudolf Steiner wies schon 1911 darauf hin, dass ständiges Trinken den Organismus nicht zur Ruhe kommen lässt.[1] Er plädierte für ein regelmäßiges Trinkverhalten und nicht für ständige kleine Schlucke aus der Wasserflasche, wie es heute oft üblich ist.

Was soll man trinken?

 Das natürlichste Getränk ist Wasser. Unsere Körperflüssigkeiten bestehen aber nicht aus reinem Wasser, sondern enthalten gelöste Mineralstoffe, Eiweiß-, Zucker- oder Fettverbindungen. Daher ist die Zufuhr von destilliertem Wasser, die von einzelnen Ernährungsrichtungen empfohlen wird, problematisch. Der Körper benötigt dann vermehrt Mineralstoffe aus der festen Nahrung. Leitungswasser kann gut getrunken werden, es ist mineralarm und durch die Wasseraufbereitung bakterienfrei. Eine schöne und aktuell sehr angesagte Alternative sind sogenannte Kaltauszüge mit Wasser (Infused Water). Hierfür gießt man Obst und Gemüsestückchen mit Leitungswasser auf und lässt sie etwas ziehen. Das Wasser nimmt den Geschmack der Zutat an und ist auch optisch attraktiv, so dass viele Menschen gern ein Glas davon trinken.

Mineralwasser unterscheidet sich von Leitungswasser dadurch, dass darin verschiedenste gelöste Mineralstoffe enthalten sind. In Deutschland ist der Mineralwasserverbrauch leicht zurückgegangen auf 144 Liter pro Person im Jahr 2017, liegt aber trotzdem noch hoch. Um Transportwege zu sparen, sind regionale Sorten zu empfehlen. – Dann gibt es jede Menge Kräuter- und Früchtetee als einzelne Sorten oder in Mischungen, die eine gesunde Trinkalternative darstellen. Hier lautet die Empfehlung, öfter einmal die Sorte zu wechseln, damit es nicht zu einseitig wird.

Kaffee, Tee, Limonaden & Co.

 Die koffeinhaltigen Getränke Kaffee und schwarzer oder grüner Tee zählen als Genussmittel. Kaffee ist in Deutschland mit 162 Litern pro Person und Jahr das beliebteste Getränk und schlägt Wasser und Bier. Kaffee und Tee werden im Allgemeinen zum Genießen und nicht zur Flüssigkeitsaufnahme getrunken. Mit Zucker gesüßte Erfrischungsgetränke (Limonaden, Eistees) sind weniger zu empfehlen, da sie oft große Zuckermengen enthalten. Erfrischungsgetränke mit kalorienfreiem Süßstoff sind keine wirkliche Alternative. Besser sind Schorlen, die etwa 1/3 Saft und 2/3 Wasser enthalten. So steht eine Vielzahl unterschiedlichster Getränke zur Verfügung. Immer sollte man die Qualität mitberücksichtigen, denn es werden große Mengen an Flüssigkeit täglich aufgenommen, gewichtsmäßig mehr als feste Nahrung. ///

 

[1]   „Wie unregelmäßig die Nahrung in den Menschen hineingestopft wird, wie unregelmäßig namentlich getrunken wird, das ist ja hinlänglich bekannt und soll nicht getadelt, sondern nur erwähnt werden. Es muss aber das, was wir in einer mangelhaften rhythmischen Art unserem Organismus zuführen, allmählich so umgeschaltet werden, dass wenigstens die gröbsten Unregelmäßigkeiten in der Nahrungsaufnahme beseitigt werden.“ Rudolf Steiner: Eine okkulte Physiologie, 3. Vortrag 22.03.1911. GA 128, Dornach 1996, S. 60.

Über den Autor / die Autorin

Petra Kühne

Dr. sc. agr. Petra Kühne ist Ernährungswissenschaftlerin und Leiterin des Arbeitskreises für Ernährungsforschung e. V. in Bad Vilbel.