Das bedrohte Wasser

Dr. Manfred Schleyer. © Institut für Strömungsforschung
Dr. Manfred Schleyer. © Institut für Strömungsforschung

Müssen wir Wasser neu verstehen lernen, um wieder zu einem verantwortungsvollen Umgang mit diesem kostbaren Element zu gelangen? Dr. Manfred Schleyer vom Institut für Strömungswissenschaften in Herrischried erklärt Eigenschaften, Aufgaben und Wirkungen des Wassers.

Herr Schleyer, warum ist es wichtig, Wasser zu verstehen?

Die Phänomene des Wassers in der Natur, im Lebendigen, können unser Erstaunen und unsere Neugier wecken. Wir entdecken Wasser überall, natürlich in Flüssen, im Meer, aber auch in Lebewesen, denn alle Lebensprozesse sind an Wasser gebunden. Aber auch im Boden und in der Luft ist es tätig. Wir finden Wasser eingebettet, beweglich, offen und anpassungsfähig vor.

Die besonderen Eigenschaften kann man durch Annäherung an seine Phänomene feststellen, durch die es sich in seinem Verhalten von anderen Flüssigkeiten unterscheidet. Wasser ist zunächst die einzige Substanz auf der Erde, die in größeren Mengen flüssig ist! Es nimmt Einflüsse, Substanzen auf, transportiert diese und gibt sie an anderen Stellen wieder ab, dort oft nährend. Es kühlt bei zu starker Hitze und mildert, abgelagert als Schnee oder Eis, die Kälte. Eis schwimmt auf Wasser und verhindert so das Gefrieren, die enthaltenen Lebewesen schützend. Es kann viel Wärme aufnehmen ohne sich groß zu verändern und puffert so Extreme. Infolge dieser und weiterer Besonderheiten fördert es das Leben in seiner Entfaltung.

Jedes Leben entwickelt sich dadurch, dass sich Wasser für die Lebensprozesse im Organismus zu Diensten stellt. Dabei unterstützt Wasser nicht nur individuelle Prozesse von Lebewesen. Im Wald etwa stellen wir fest, dass über die Wasserschicht im Boden Nähr- und Botenstoffe ausgesendet werden, welche die Kommunikation und Kooperation zwischen Pflanzen ermöglichen. Ein Wald agiert als Superorganismus, individuelle Pflanzen bilden eine Gemeinschaft. Die Fähigkeit und die Aufgabe des Wassers ist es, zwischen den in der Natur vorkommenden Organismen zu vermitteln. Durch seine Offenheit ist Wasser immer Aus- und Abdruck der Aktivitäten im Boden wie auch der Luft und seine Qualität kann allgemein auf Eingriffe in die Natur hinweisen.

Was sagt das Wasser über die Umwelt aus?

Da die Wassersphäre unseres Planeten nicht nur in Flüssen und Meeren liegt, sondern es sich auch im Boden oder in Wolken, im Regen und gelöst in der Luft findet, erfährt es überall Rückwirkungen aus der Umgebung. Es vermittelt die Veränderungen der Umgebung, beispielsweise bei Einsatz chemischer Produkte in der Landwirtschaft und verteilt sie, bringt sie an entfernte Pflanzen und Tiere und schädigt diese damit oft nicht nur direkt, sondern auch über den wasserdurchtränkten Boden. So entsteht zum Beispiel das Problem der Mikroverunreinigungen durch kleine, hochwirksame Substanzen, die weltweit die Erde nicht nur im sichtbaren Pflanzenmaterial, sondern auch über das Wasser beeinträchtigen können.

Durch den periodischen Einsatz von Pestiziden kann sich das Wasser nicht mehr regenerieren. In der Folge wird bei vielen Organismen ebenfalls die Möglichkeit unterbunden, sich zu erholen. Folge ist eine allgemeine Schwächung von Natur und Lebewesen, die schließlich auch den Menschen betrifft. Wichtig ist dabei, nicht nur bei der chemisch-physikalischen Ebene stehen zu bleiben, sondern gerade auch auf die lebendigen Beziehungsgeflechte und ihren Ausdruck in den gegenseitigen Kräftewirkungen zu schauen, welche oft durch das Wasser vermittelt werden.

Auf welchen Qualitäts- und Wirkungsebenen lässt sich Wasser untersuchen und beurteilen?

Wir unterscheiden Qualitäten auf vier Ebenen: der stofflichen Ebene, dem Strömungsverhalten, der Kräfteebene der Wirkungen und schließlich weiteren, noch übergeordneten Eigenschaften, welche zum Beispiel eine Heilige Quelle von einer sonstigen Quelle auszeichnet.

Auf der stofflichen Ebene erkennt man einen physischen Abdruck der Umgebung, indem die mikrobiellen, chemischen und physikalischen Inhaltsstoffe sich abbilden und dann untersucht werden können. Entdeckt man dabei zum Beispiel bestimmte Bakterien, können diese zwar unbedenklich für den menschlichen Organismus sein, aber auf mögliche Verunreinigungen im Umfeld hinweisen, die vom Trinken abraten lassen.

Auf der Ebene der Strömungen geht es darum, das Wasser sich selbst aussprechen zu lassen in seinem Fließ- und Bewegungsverhalten, es zeigt so ein Abbild seiner inneren Qualität.

Wie stellen Sie das fest?

Zur Untersuchung nehmen wir eine Wasserprobe, geben diese in einer Schale und bewirken eine Anregung durch einen fallenden Tropfen destillierten Wassers. Bei dieser von Theodor Schwenk entwickelten Tropfbildmethode entstehen Strömungen, die bei gutem Wasser differenziert gestaltet, formen- und abwechslungsreich sind. Man erlebt es wie lebendig, obwohl Wasser kein Lebewesen ist, aber die Strömungen im Wasser wecken den Vergleich mit lebendigen Prozessen. Bei mäßiger oder schlechter Qualität des Wassers werden der Formenreichtum und die Gesten innerhalb der Strömungen verringert. Hier zeigt sich die strukturgebende und formbildende Ebene.

Die Frage, ob diese Veränderungen auch Auswirkungen auf die Natur, die Tier- und Pflanzenwelt und den Menschen besitzen, betrifft dann die dritte Ebene der Wirkungen. Hier zeigten Untersuchungen an einfachen Wasserorganismen und auch Verkostungen, dass solche Auswirkungen tatsächlich der Fall sind. Algen, welche natürlicherweise eine formenreiche und differenzierte Körpergestalt bilden, wachsen in solchen Wässern mit plumpen Formen oder auch Beeinträchtigungen des Fortpflanzungsverhaltens, auf Kalkwasser antworten sie beispielsweise mit angeregtem Wachstum.

Sie reagieren auch auf Behandlungsgeräte, welche versprechen, ein Wasser „zu verlebendigen“, zu „vitalisieren“ oder zu „energetisieren“, wobei oft unklar bleibt, was genau durchgeführt und erzielt werden soll. Oft muss die in unseren Untersuchungen gezeigte Veränderung durch diese Geräte aber ebenfalls als Schädigung interpretiert werden, was etwa Beeinträchtigungen der Algen zeigen.

Und beim Menschen?

Hier ist der Zusammenhang komplexer und betrifft ebenfalls die dritte oder sogar darüberhinausgehende Ebenen. Beim Menschen zeigt sich, dass Wasser erstaunliche Wirkungen vermitteln kann, als Beispiele zur Verdeutlichung lassen sich gute Quellen, Heilwässer und Heilige Quellen nennen. Gute, naturreine Wässer wirken allgemein anregend und kräftigend, es bestehen aber individuelle Vorzüge, da wir Menschen ja nicht alle gleich sind. Heilwässer wirken anregend, aber einseitig in die Physiologie des Menschen hinein und können dort durch physiologische Veränderungen Heilprozesse bewirken, hier ist die individuelle Ausprägung der Wirkung noch stärker.

Heilige Quellen mit ihren Wässern wir die Lourdes- oder Odilienquelle finden sich oft an Orten, wo herausgehobene Menschen gewirkt haben oder außergewöhnliche Ereignisse sich dem Ort und dem Wasser eingeprägt haben. Das Wasser vermittelt nun diese Wirkungen, die in der Regel nicht über stoffliche Veränderungen des Wassers stattfinden und über den physiologischen Ausdruck hinausgehen. Der Mensch kann eine Anregung und Veränderung erfahren, welche stärkend und kräftigend bis in die seelisch-geistige Konstitution hineinreicht.

Wie kommt man zur Beschreibung solch feiner Wirkungen?

Wir sind oft selbst in der Lage, diese erstaunlich feinen Unterschiede von Wirkungen zu beschreiben, wie wir in Seminaren und Workshops bei Teilnehmern immer wieder feststellen, insbesondere wenn diese Fähigkeiten geschult werden. Wir nennen diese Untersuchungsmethode Wirkungssensorik, die im Kern auf die von Dorian Schmidt entwickelte rationale Bildekräfteforschung zurückgeht. Hier fördert und schult der Mensch eigene Wahrnehmungsorgane, um Wirkungen des Wassers, aber auch von Lebensmitteln zu erkennen. Diese Methode umfasst besondere Möglichkeiten, jene Bereiche der Wirkungen zu beschreiben, wo unsere klassisch wissenschaftlichen Methoden nicht ausreichen. //

Interview: Andrea Kreisel

Dr. Manfred Schleyer studierte Biologie, Chemie, Pädagogik und ist seit 2007 am Institut für Strömungswissenschaften in Herrischried tätig, dessen Geschäftsführer und Leiter er heute ist. Dort bietet er Seminare zum Verständnis des Wassers und der Feststellung der Wasserqualität an.

 

Über den Autor / die Autorin

Redaktion info3

Unter "Redaktion Info3" firmieren bisweilen folgende Redakteur*innen und Autor*innen: Dr. Jens Heisterkamp, Anna-Katharina Dehmelt, Laura Krautkrämer. In der Regel ist das nur bei rein nachrichtlichen Texten oder bei Interviews der Fall.