Soulfood – Nahrung für die Seele

Eine Seele kann man auch backen! Jedenfalls im Süden Deutschlands.

Kann man sich glücklich essen? Dies scheint der Name Soulfood zu versprechen.

Der Name Soulfood kommt ursprünglich von Afroamerikanern aus den USA, die damit ihre Küche bezeichneten. Er hat einen Bezug zur Soulmusik und sollte die Identität und Eigenständigkeit dieser ethnischen Gruppe betonen. Unabhängig davon wird er heute anderes gebraucht, nämlich als Nahrung, die die Seele ernährt.

Die Aufgabe von Ernährung ist zum einen den Körper mit notwendiger Energie, Nährstoffen und Kräften zu versorgen, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Dazu tritt das Bedürfnis der Seele, Gefühle wie Zufriedenheit, Geborgenheit oder sogar Glück zu erleben. Solche Trennung ist jedoch theoretisch, denn Körper, Seele und Geist wirken zusammen. Jedes Lebensmittel hat eine seelische Wirkung, nicht immer ruft sie positive Gefühle hervor.

Endorphine – innere Glücksempfindungen

Näher untersucht wird dieser Zusammenhang von der Hormon- und Neurowissenschaft. Hier wurden Substanzen entdeckt, die uns mit Glücksgefühlen „belohnen“. Sie sind eine Antwort auf den seelischen Eindruck, den Nahrung auf uns macht und damit die stoffliche Grundlage von Genuss. Nach dem anthroposophischen Menschenbild spricht man vom Astralleib (Empfindungskörper), der den Stoffwechsel zur Bildung solcher Substanzen veranlasst. Besonders in den Blick geraten sind Endorphine, die im limbischen System des Gehirns entstehen und zur Substanzgruppe der Opioide und Cannabinoide gehören. Sie rufen eine euphorisierende, anregende Wirkung hervor.

Auch allein bei der Vorstellung von Genuss wie einer imaginären Sahnetorte bildet sich Dopamin, ein Neurotransmitter. Der Speichel fließt und ein Gefühl der Vorfreude tritt auf. Dies ist nur möglich, weil wir uns an frühere Erfahrungen erinnern, die in einer Art sensorischem Gedächtnis aufbewahrt sind.

Exorphine – äußere Anregungen

Neben diesen inneren Gefühlen, gibt es solche „Glücksstoffe“ auch exogen, das heißt sie sind im Lebensmittel vorhanden. Dies betrifft ganz alltägliche wie Getreide, Fleisch oder Milch. Sie enthalten Eiweißverbindungen, die zu Opioiden abgebaut werden. Durch spezielle Zubereitungsverfahren wie Rösten oder Anbraten kann man ihre Wirkung noch verstärken. Gut erforscht wurde die Aminosäure Tryptophan. Sie wird im Gehirn zu Serotonin, einem Neurotransmitter oder Glückshormon umgewandelt. Jedoch bewirkt die direkte Zufuhr von Serotonin oder eiweißreicher Nahrung mit Tryptophan nichts oder sogar das Gegenteil. Aber eine kohlenhydratreiche Speise mit wenig Eiweiß schafft das. Das sich im Blut befindliche Tryptophan kann mangels Konkurrenz anderer Aminosäuren ins Gehirn gelangen und dort zu Serotonin umgewandelt werden. Dies erklärt die Genusswirkung von Süßigkeiten und Zucker.

Psychotrope Substanzen

Substanzen, die unser Gehirn erreichen und eine stärkere seelische Wirkung entfalten, sind die Alkaloide. Dazu zählen Koffein, Nikotin, Solanin (das Nachtschattengift) oder Piperin (im Pfeffer). Diese stickstoffhaltigen Verbindungen wirken direkt auf den Astralleib. Sie können nervlich anregen, die Stimmung aufhellen bis hin zu Übererregbarkeit. Die Genussmittel Kaffee, schwarzer und grüner Tee, Cola, Mate, Kakao und Guarana (oft in Energy-Drinks) enthalten Koffein. Besonders vom Kakao (dunkle Schokolade) kennt man die stimmungsaufhellende Wirkung, die durch den Zuckeranteil noch verstärkt wird. Viele Gewürze weisen ebenfalls stimmungsanregende Substanzen auf wie Zimt, Muskat, Gewürznelken, Chili, Pfeffer oder Kurkuma. Im Allgemeinen genügen bei Gewürzen kleine Mengen zum Würzen oder die aus der asiatischen Küche übliche Zubereitung als Gewürztee (Chaitee). Wer kennt nicht die wärmende und behagliche machende Wirkung dieser Teegetränke? Im Glühwein finden wir diese Mischung wieder.

Alkohol

Dieses Genussmittel wirkt lockernd und lösend auf seelische Hemmungen. Ein Grund ist, dass es den Abbau von Serotonin im Gehirn blockiert, so dass dieses Glückshormon länger wirkt. So gern Alkohol getrunken wird, man darf nicht vergessen, er hat ein Suchtpotenzial, macht abhängig und kann zu sozialem Elend beitragen. Daher ist ein sorgsamer Umgang nötig, wenn man nicht ganz auf diese Stimulanz verzichten möchte.

Warum wir genießen sollen – und auch wieder aufhören

Genuss, Zufriedenheit oder Stimmungsaufhellung dienen nicht nur der Seele, sondern dem ganzen Menschen. Denn Nahrung soll nicht nur Genuss bringen und die Stimmung verbessern, sondern eben auch satt machen und den Körper mit Nährstoffen versorgen. Daher rufen süße und fetthaltige Lebensmittel wie Eiscreme, süße Kokosriegel oder Sahnetorten besonders oft positive Gefühle hervor. In Zeiten, wo solche „Genussmittel“ selten verfügbar waren, trugen sie zur notwendigen raschen Energieversorgung bei. Beim heutigen Wohlstand und der Überversorgung mit solchen „Kalorienbomben“ kehrt sich die gesundheitliche Bedeutung ins Negative: zu viel, zu fett, zu süß mit Risiko für Übergewicht.

Rudolf Steiner betonte die Bedeutung des Genusses, der uns ermöglicht, sich positiv mit der Nahrung und der Welt zu verbinden. Allerdings sollte man mit dem Genießen aufhören, bevor er zur Begierde wird.* Sonst dient er nur dem Egoismus, anstatt uns anzuregen und tatkräftig zu werden. Daher genießen wir Soulfood, aber bleiben dabei nicht stehen, sondern verfolgen so gestärkt unsere Lebensziele.

*Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten?, GA 10, Dornach 1961, S. 21

Lesetipp: Petra Kühne: Vom Umgang mit dem Genuss beim Essen, Zeitschrift Lebendige Erde 2/2011

Dr. sc. agr. Petra Kühne ist Ernährungswissenschaftlerin und aktiv im Arbeitskreis für Ernährungsforschung e.V. Bad Vilbel. 

Über den Autor / die Autorin

Petra Kühne

Dr. sc. agr. Petra Kühne ist Ernährungswissenschaftlerin und Leiterin des Arbeitskreises für Ernährungsforschung e. V. in Bad Vilbel.