Jakob Böhme – ein deutscher Prophet

Filmszene

Mit einem in Bild und Sprache meditativen Film hat ein Regieteam den Mystiker Jakob Böhme in Erinnerung gebracht. Ein sehenswertes Werk, das selbst meditativ erschlossen sein will.

Obwohl Jakob Böhme für Geister wie Hegel, Schelling und Novalis initiale Bedeutung hatte, ist er heute weitgehend vergessen oder doch wirkungslos geworden. Im Protestantismus, dem er angehörte, wurde sein mystisches Schaffen, das ja von einer fortgesetzten Offenbarung zeugte, kaum je verstanden und spirituell interessierte Menschen kennen heute eher Rumi oder fernöstliche Weisheiten, nicht aber diesen Mystiker vor der eigenen Haustür.

Umso erfreulicher, dass ein ungewöhnlicher Film das Werk dieses Meisters aus Görlitz jetzt eindrücklich in Erinnerung ruft. Das vierköpfige Regie-Team führt uns stimmungsvoll in die Gegenwart Böhmes zurück, der in Gestalt eines Schauspielers durch die lichtgrüne Natur der Lausitz wandelt. Von Wiesen, Wäldern und Gewässern, aber auch dunklen Gewölben umgeben spricht eine Stimme seine Texte.

Eine Dokumentation darf man nicht erwarten, nicht um das Leben und jene Schwierigkeiten geht es, die Böhmes Sehertum für ihn mit sich brachte, sondern darum, den mystischen Inhalt in Szene zu setzen. Ein geradezu hymnischer Film ist das, der meditativ verfasst ist und meditativ gesehen (und gehört) werden will. Für die Anfangssequenz wurden herrliche Gedanken Böhmes zur Erschaffung Adams, des Ur-Menschen gewählt, sie sind ganz durchzogen von theosophischer, ja anthroposophischer Geistesart, weil sie das Menschentum auf eine höchste Höhe heben. Alle Texte Böhmes werden behutsam und wach gesprochen, und wer dafür empfänglich ist, wird schon nach wenigen Minuten vollkommen in den Bann des immer wiederkehrenden Dreiklangs von Gott, Natur und Mensch gezogen.

Mit-Regisseur Ronald Steckel hat Böhme in einem Interview mit „Radio Evolve“ von seiner Wortgewalt und spirituellen Eindringlichkeit her jüngst mit den biblischen Propheten verglichen – ja, Böhme als deutscher Prophet! Ein anderer Prophet, nämlich Rudolf Steiner, hat im Jahr 1906 das Folgende zu Böhmes Weiterwirken vorausgesagt: „Wenn das Zeitalter zu Ende geht, das in der äußeren Beherrschung aller Naturkräfte seine Aufgabe hat, dann wird auch Jakob Böhme wieder verstanden werden … Alles liegt in seinen Werken, was die Welt an Geistesschätzen zusammengebracht hat.“ Zwar ist das Zeitalter des Materialismus sicher noch nicht zu Ende, doch fühlt es sich wie ein Vorbote des vorausgesagten Epochenwandels an, das heute ein Film wie dieser möglich ist. ///

Morgenröte im Aufgang. Hommage à Jacob Böhme

Regie: Max HoppJan KorthäuerRonald SteckelKlaus Weingarten. 81 Minuten, € 14,90.

Trailer und Bestellmöglichkeit auf der Hompage von absolut Medien:

https://www.absolutmedien.de/film/582/Morgenroete+im+Aufgang

Über den Autor / die Autorin

Jens Heisterkamp

Jens Heisterkamp, geboren 1958 in Duisburg, wuchs im Ruhrgebiet auf. Er studierte an der Ruhruniversität Bochum Geschichte, Literaturwissenschaft und Philosophie und wurde 1988 zum Dr. phil. promoviert. Nach der Begegnung mit der Anthroposophie lernte er während seines Zivildienstes die Heilpädagogik kennen und arbeitete als Dozent in der Erwachsenenbildung, kurzzeitig auch als Waldorflehrer, dann als Herausgeber und Autor. Seit 1995 ist er verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift info3 sowie Verleger und Gesellschafter im Info3 Verlag in Frankfurt am Main. Seine Themen sind Dialoge in Religion, Philosophie und Spiritualität, Offene Gesellschaft, Ethik.